Party auf Persisch

Ich bin kein Spezialist für iranische Partys. Ich habe ein paar besucht: veranstaltet von jungen Iranern, alten Iranern und Mitteljungen und –alten Iranern. Ich war auf einer iranischen Hochzeitsfeier und auf Partys von Europäern in ihren Teheraner Wohnungen. Ich kann nicht beurteilen, ob meine Erfahrungen repräsentativ sind. All diese Feiern fanden im reichen Norden Teherans statt. Ob es auch im ärmeren Süden der Stadt vergleichbare Partys gibt, weiß ich nicht. Die in der Regel religiöseren Menschen dort werden wohl eher nicht tanzen. Oder Alkohol trinken. Abgesehen von religiösen Erwägungen ist das auch teuer. Die Verkäufer des illegalen weil unislamischen Stoffs verlangen schon mal 70.000 Toman (ca. 62 Euro) für eine Palette (24 Dosen á 0,5 Liter) Heineken. Und dann muss man die malträtierten Büchsen noch waschen. Billigere Lösungen können gefährlich sein. Eigengemische mit purem Alkohol haben im Iran schon öfter zu Erblindung geführt.

Die Wohnungen von Mittelschicht- bis wohlhabenden Iranern haben immer zwei Wohnzimmer, von denen eins – meist das größere – nur benutzt wird, wenn Besuch da ist. Hier werden Stühle an drei Wänden entlang in Reihen aufgestellt. Davor kleine Beistehtische.

Jede Party fängt auf den Stühlen an. Durch die [ -förmige Anordnung wirkt das Ganze auf mich etwas steif und formell. Es fördert jedenfalls nicht unbedingt die Entwicklung lebhafter Gespräche. Es gibt Nüsse und/oder Chips, vielleicht ein kleines kaltes Büffet. Es gibt Bier, Whisky (teuren Markenwhisky oder auch aus der Dose), anderes Hochprozentiges, seltener Wein. Cola natürlich auch. Es läuft Musik und irgendwo auch immer ein Fernseher. Jeder neu angekommene Gast macht die Runde und begrüßt alle anderen, die aus Höflichkeit aufstehen. Man gibt sich die Hand oder, wenn man sich gut kennt, zwei oder drei Küsse auf die Wangen. Ich glaube, das Zwei-Küsse-System gilt als französisch und der Brauch, sich drei Küsse zu geben, ist iranisch. Ich bin mir aber nicht sicher.

Wenn gefeiert wird gibt es immer auch ein Abendessen, aber nicht vor 22 Uhr, wie üblich in den meisten Familien. Es wird in Form eines Büffets serviert, das die Gastgeber von einer Catering-Firma bestellen. Dazu gehören iranische Gerichte – Reis mit Safran und Beeren oder Kirschen, Huhn in verschiedenen Varianten, Auberginen-Eintopf … – und universelle Klassiker wie Lasagne oder Pizza, sowie Salat. Nach dem Essen oder auch schon davor schafft man Platz und es wird getanzt. Zu Techno- und House-Musik oder sogenanntem L.A. Pop – iranische Pop-Musik von Interpreten, die im Ausland leben, viele davon in Kalifornien. Dass Frauen in der Gegenwart von Männern oder gar Männlein und Weiblein miteinander tanzen ist im Iran verboten. Trotzdem sind die Iraner große Meister im Tanzen. Der hiesige Tanzstil verlangt eine Koordination aller Körperteile. Die Arme schweben mit eleganten Bewegungen, die mich an Bauchtanz erinnern, über dem Kopf. Ich versuche immer, mich da rauszuhalten, um meine Unfähigkeit, mich rhythmisch zu bewegen, nicht preiszugeben. Das ist leider so gut wie unmöglich. Vor allem wenn ich der einzige Ausländer bin und mich alle tanzen sehen wollen. Nachdem das Unvermeidliche geschehen ist, hält man sich höflich mit Kommentaren zurück. Zum Schluss gibt es noch Tee und Kuchen.

Partys bei Mitgliedern der kleinen ausländischen Gemeinde Teherans laufen nach dem gleichen Muster ab. Es wird nur weniger getanzt und die Stühle werden nicht so geordnet aufgestellt. Außerdem ist die Gefahr geringer, in Schwierigkeiten zu geraten. Nicht-Moslems dürfen Alkohol trinken, sie dürfen ihn nur nicht kaufen. Tanzen ist Westlern theoretisch auch erlaubt. Was auf dem Papier erlaubt oder verboten ist, nimmt man im Iran aber nicht so genau. Es ist also nützlich, ein paar Scheine in der Hosentasche zu haben. Wenn man Pech hat, schaut die Polizei oder eine der parallel operierenden paramilitärischen Organisationen vorbei. Wenn man nicht noch größeres Pech hat und die Jungs es wirklich ernst meinen, wird die Angelegenheit mit einer kleinen Transaktion geregelt. Das machen die Iraner auch so.

One Response to Party auf Persisch

  1. Sicher, dass die Stuhlanordnung typisch für eine Party ist? Ich kenne sowas nur von persischen Hochzeiten!

    Tolle Seite Nick!

    Ali Antzar | 13:51 on the 1st of September, 2006

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