Die schönsten Bahnstrecken Europas

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Aufbrüche in einen neuen Lebensabschnitt haben immer etwas Abenteuerliches. Besonders wenn man den Nachtzug in Wien verpasst und unbedingt am nächsten Tag in Berlin sein muss. Und wenn man die Hälfte all dessen, was man besitzt, mit sich herumschleppt. Und wenn die Hälfte all dessen, was man besitzt, mindestens 579 Kilo zu wiegen scheint. Und wenn der urbildliche Wiener am Informationsschalter einfach keine Lust hat, einem zu helfen. Zug nach Berlin? „Gibt’s net!“ Über Umwege? „Gibt’s net!“

Gab es dann doch. Entweder über München oder, für die Hälfte des Preises und um drei Stunden schneller, über Dresden. Ich hätte etwas ahnen sollen. Besonders als die junge Frau am Ticketschalter, nachdem sie mir die Fahrkarte verkauft hatte ohne mir einen Fahrplan auszudrucken, sofort den Schalter schloss.

Aber hätte ich wirklich ahnen können, dass nur der Schlafwagenteil des Zuges nach Dresden fahren würden, und der Rest nach Warschau? Dass die polnischen (oder doch tschechischen?) Schaffner kein Erbarmen haben würden für einen, schon von der Fahrt vom West- zum Südbahnhof in Strömen schwitzenden, völlig überladenen Reisenden ohne Schlafabteil-Reservierung? Dass ich in der tschechischen Stadt Břeclav umsteigen müsste? Dass der Zug von Břeclav nach Dresden in Prag zu lange halten und ich den Anschlusszug von Dresden nach Berlin verpassen würde? Und schließlich: dass es am Berliner Hauptbahnhof keine Schließfächer gibt, so dass mir auch eine S-Bahn Fahrt mit dem ganzen Gepäck nicht erspart bleiben würde? Nun gut, letzteres hätte ich mir vielleicht schon denken können.

Jedenfalls schwingt bei Ankünften in einem neuen Lebensabschnitt immer etwas Melancholie darüber mit, die Vergangenheit unwiderruflich hinter sich gelassen zu haben. Zumindest wenn nicht noch die andere Hälfte all dessen, was man besitzt, in Wien darauf wartet, per Nachtzug nach Berlin gebracht zu werden.

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