Hauptstädtische Eigenarten

Ich habe den Eindruck, dass die Bewohner der Groß- und Hauptstädte dieser Welt, bei allen Unterschieden, eines gemein haben: eine gewisse Selbstherrlichkeit, einhergehend mit einer Überheblichkeit gegenüber Menschen, die nicht aus ihrer Stadt kommen. Das manifestiert sich auf unterschiedliche, mehr oder weniger charmante Weise. In Teheran wird Menschen aus anderen Teilen des Irans gerne das Wort „Bauer“ an den Kopf geschmissen; die New Yorker machen keinen Hehl daraus, dass sie ihre Stadt für den einzigen erträglichen Ort auf der Welt halten; die Porteños aus Buenos Aires stellen ihre Weltgewandtheit mit einer kultiviert vulgären Ausdrucksweise zur Schau; einem echten Wiener ist es die Mühe nicht wert, einen Fremden mit einem freundlichen Wort oder gar einem Lächeln zu beehren.

Der Berliner ist da etwas hinterhältiger. Die meiste Zeit gibt er sich offen, freundlich und höflich. Bis sich ein Nicht-Berliner zu sicher fühlt und ihm ausliefert. Wenn man zum Beispiel in Berlin einen Busfahrer fragt, ob er an einer bestimmten Kreuzung halte, verzieht er unter Umständen keine Miene dabei, einen auf die andere Straßenseite zu schicken. In den Bus, der in die falsche Richtung fährt. Ähnlich verhält sich der Mensch, der in den S-Bahn Stationen von einem kleinen Pult aus per Lautsprecher zur Vorsicht vor den schließenden Türen mahnt. Er bittet den nach der Route der gerade eingefahren S-Bahn Fragenden um einen Moment Geduld, und drückt auf einen Knopf, woraufhin sich die Türen der betreffenden S-Bahn schließen.

Vielleicht ist es auch einfach sehr langweilig, bei den Berliner Verkehrsbetrieben zu arbeiten.

One Response to Hauptstädtische Eigenarten

  1. Sehr richtig!
    Bestes Beispiel (weil selbst erlebt ;) sind die Wiener, die mit Verachtung und Abscheu auf den Rest Österreichs herabsehen - dabei entgeht ihnen geflissentlich, dass sie selbst die größten Narren sind.

    saxx | 16:39 on the 20th of September, 2007

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